Montag, 10. September
Ganztägige Veranstaltungen

Montag, 10. September
16:00 Uhr
Ausstellung/Installation
Nur Abendkasse – Nach Oben
Das Kapital: Erschöpfte Zerstörer
Partizipative Installation
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Aus der Serie «Trümmerfrauen» A4 von 2011, Bleistift auf Papier, Diego Castro

2003 wurde beschlossen, den Palast der Republik, das symbolträchtige und – wie sich herausstellte – asbestverseuchte Gebäude aus DDR-Zeiten, abzureissen und zugleich das 1950 gesprengte Berliner Stadtschloss, welches über Jahrhunderte hinweg zu einem Symbol der preussischen Macht- und Militärpolitik geworden war, wieder aufzubauen. Dieser Beschluss provozierte in Berlin eine lange Reihe von Bürgerprotesten und eine langjährige Debatte, in der Sinn und Symbolik sowohl des Abrisses als auch des Wiederaufbaus diskutiert wurden. Ausgehend davon entwirft Diego Castro ein Werk, das diesen Streit in spielerischer Form sichtbar und die historische und ökonomische Dimension des Konflikts deutlich macht. Die partizipative Installation ist vorerst eine Reproduktion des abgerissenen Berliner Palastes der Republik aus LEGO-Steinen. Die Besucher der Ausstellung dürfen am Rückbau des LEGO-Palasts teilhaben und werden dazu angehalten, das alte Berliner Stadtschloss – ebenfalls mit LEGO – wieder aufzubauen oder sich für etwas anderes zu entscheiden, während ein Börsenticker steigende und fallende Aktienkurse projiziert. Castros Arbeit bezieht sich zum einen auf eine historische Zirkularität von ideologisch aufgeladener Landmark-Architektur. Zum anderen wird die Affäre um den Palast der Republik vor Castros Zeichnungen von Trümmerfrauen sowie Zitaten des Ökonomen Joseph Schumpeter (1883-1950) über «Schöpferische Zerstörung» zur Allegorie für verschärfte Kämpfe um städtische Territorien. Das Kapital: Erschöpfte Zerstörer fragt nach den Gewinnern und Verlierern einer neoliberalen Raumverwertungsideologie, bei der durch Stadterneuerung Immobilienpreise in die Höhe getrieben, neue Finanzblasen kreiert und Menschen an die Randzonen der Gesellschaft vertrieben werden.

Diego Castro ist bildender Künstler und lebt in Berlin. Er hat in Deutschland, Frankreich und der Schweiz Kunst und Kunsttheorie studiert. Seine Arbeiten waren seit 1997 in zahlreichen internationalen Ausstellungen zu sehen. Er beschäftigt sich in seiner Arbeit ‒ hauptsächlich Zeichnung, Installation und Film ‒ mit politischen, sozialen und institutionskritischen Themen.

Veranstaltet durch: Forschungsschwerpunkt Intermedialität der Hochschule der Künste Bern HKB und Biennale Bern in Zusammenarbeit mit Theaterladen / Schlachthaus Theater

Öffnungszeiten: 9. bis 16. September, jeweils 16–20 Uhr

Eintritt: frei

Künstlergespräch mit Diego Castro: 14. September, 18.30 Uhr

Weitere Aufführungen: Sonntag, 9. September, Dienstag, 11. September, Mittwoch, 12. September, Donnerstag, 13. September, Freitag, 14. September, Samstag, 15. September, Sonntag, 16. September

Montag, 10. September
18:00 Uhr
Vortrag/Gespräch/Führung
Nur Abendkasse – Nach Oben
«Ja, der Mensch muss Kapitalist sein.»
Vortrag mit Aymo Brunetti, Volkswirtschaftler

Eine Vortragsreihe der Biennale Bern in Kooperation mit der Hochschule der Künste* sowie der Universität Bern**: Der «Mensch muss Kapitalist sein» - es war der amerikanische Philosoph Ralph Waldo Emerson (1803 – 1882), der derart entschieden aufforderte, Kapitalist zu sein. Und er war nicht der Erste und nicht der Einzige, der den Kapitalismus in einem nicht materiellen Sinne verstand. Emerson ging es um die geistige Entfaltung des Menschen, um die Entwicklung seines inneren Reichtums.

Kapital ist, nicht erst seit Karl Marx, ein schillernder Begriff. Die Vortragsreihe zur Biennale Bern greift, ausgehend vom Kapitalbegriff bei Marx, einige der nicht monetären Kapitalarten wie Wissenskapital, symbolisches Kapital oder Abstammungskapital auf und beleuchtet sie in sechs Kurzvorträgen. Den halbstündigen Referaten folgt jeweils ein vertiefendes Gespräch sowie eine Publikumsdiskussion.

10. September

Aymo Brunetti, Volkswirtschaftler
Rohstoff Wissen: Das wichtigste Kapital
In der Steinzeit gab es im Wesentlichen gleich viele oder sogar noch mehr natürliche Ressourcen auf der Erde als heute, aber viel weniger Menschen. Unsere Höhlen bewohnenden Vorfahren hätten demnach sehr reiche Menschen sein müssen. Warum das nicht stimmt, wird der Vortrag mit einfachen ökonomischen Konzepten zu erläutern versuchen. Dabei wird sich zeigen, dass nicht Erdöl, Gebäude oder Finanzkapital die entscheidende Quelle des Wohlstands sind, sondern das Wissen darüber, wie man Rohstoffe zu werthaltigen Produkten kombiniert.

* Graduate School of the Arts (Doktoratsprogramm der Universität Bern und der Hochschule der Künste Bern)

** Institute of Advanced Study in the Humanities and the Social Sciences

Dauer: 90 Minuten

Eintritt: frei


Montag, 10. September
19:30 Uhr
Musik-Installation/Performance
Nur Abendkasse – Nach Oben
CARRILLO_N13¿
Eine transgradiale Musik-Installation
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Modell Installation CARRILLO_N13 (Foto: Emanuel Schulze)

«Der Sonido 13 ist der Anfang und das Ende und der Ausgangspunkt einer neuen musikalischen Generation, die alles verändern wird, denn es wird kein einziges der heutigen Instrumente übrig bleiben: Sie sind alle unfähig, die überwältigende Masse an Tönen zu erzeugen, die man künftig verwendet.» (Julián Carrillo)

Das Projekt CARRILLO_N13¿ folgt dem theoretischen Manifest des mexikanischen Komponisten Julián Carrillo (1857-1965). In seiner Teoría del Sonido 13 (Theorie des dreizehnten Tons) entwickelte er das System der Dehnung und Stauchung von Kompositionen, das er nicht nur auf die eigenen, sondern alle Werke der Musikgeschichte anwenden wollte. Das Manifest beinhaltet eine doppelte Stossrichtung: Carrillo will nicht nur eine neue Form der Musik entwerfen, sondern er strebt auch die Einverleibung der europäischen klassischen Musik an. Carrillo übernimmt das Denken der europäischen conquistadores und ruft zur musikalisch-territorialen Gegenkolonialisierung Europas auf.

CARRILLO_N13¿ ist zugleich Klanggenerator, Mutterschiff und Steuerzentrale, um Carrillos Aufruf zu dieser Eroberung in die Tat umzusetzen. Während 13 x 13 Stunden werden Musik, Klänge, Menschen und Informationen zum Brennstoff, der den Generator CARRILLO_N13¿ zu immer gewaltigeren Leistungen antreibt. Jeder Zuschauer befeuert allein durch seine Anwesenheit den Motor der Installation. Alle 13 Stunden bricht mit der Eroberung eines neuen Raumes ein neuer Wachstumszyklus an.

Regie / Konzept: Till Wyler von Ballmoos

Komposition: Michel Roth

Rauminstallation / Ausstattung: Emanuel Schulze

Musikalische Leitung: Samuel Stoll

Raumklanggestaltung: Kaspar König

Dramaturgische Mitarbeit: Diana Rojas

Technik: Sebastian Geret

Produktionsleitung: Felix Heri

Performer: Benedikt Bindewald, Aleksander Gabrys, Kaspar König , Ingo Ospelt, Samuel Stoll, Till Wyler von Ballmoos

Veranstaltet durch: Biennale Bern in Zusammenarbeit mit PROGR

Treffpunkt: PROGR, Westflügel, Eingang Speichergasse 4

Dauer: Musik-Installation durchgehend - während 169 Stunden - zugänglich.

Start Musikgenerator 8. September, 16.30 Uhr / Ende Musikgenerator 15. September 17.30 Uhr.

Konzertante Führungen täglich zu festen Zeiten, ca. 60 Min.

Anmeldung: Besuchen Sie die Musik-Installation, wann immer Sie wollen! Gegensprechanlage beim Eingang, Codewort: Dreizehn.

Sprache: Deutsch / Carrillisch / Spanisch

Eintritt Konzertante Führungen: 25.-/20.-

Besuch der Musik-Installation ausserhalb der Führungszeiten: Bezahlen Sie mit Esswaren und / oder Getränken Ihrer Wahl.

 

Mehr Carillo: bei Facebook und bei Twitter

Weitere Aufführungen: Samstag, 8. September, Sonntag, 9. September, Samstag, 15. September, Dienstag, 11. September, Mittwoch, 12. September, Donnerstag, 13. September, Freitag, 14. September

Montag, 10. September
19:30 Uhr
Theater/Performance
Nur Abendkasse – Nach Oben
Reise um die Erde in 80 Minuten
Stadtrundfahrt
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Metapher am Trainieren (Foto: zVg)

Reise um die Erde in 80 Minuten ist eine Suche nach Kapital. Eine gezielte Irrfahrt durch Berns Botschaftsquartier als Parcours durch die globalisierte Leistungsgesellschaft. Und wer bildet deren strammes Corps Diplomatique? Die Künstler, diese wandelnden Widersprüche. Das Publikum ist eingeladen, sich einem solchen an die Fersen zu heften, ganz bequem in einem Reisebus, und dabei einer kapitalhistorischen Sportreportage zu lauschen. Der Künstler hingegen läuft von Land zu Land, denn so ist das mit den Künstlern: Sie sammeln überall etwas auf, um es zu verwerten, aber am Ende sind sie doch selbst ihr eigenes Produktionsmittel, der eigene schwitzende Leib und das durch ihn peitschende Blut. Das ist ja überhaupt das Härteste am Kapitalismus: die Eigenleistung.
Von und mit Schauplatz International (Studer / Liebl / Ellend / Bieri / Bertschy)
Assistenz Stefanie Mauron

Veranstaltet durch: Biennale Bern in Zusammenarbeit mit Dampfzentrale Bern und Konzert Theater Bern

Tourbeginn / Tourende: Achtung Ort variiert! (Tourstart und Tourende am 8. September Dampfzentrale; Tourstart und Tourende am 10. und 11. September Stadttheater Bern)

Sprache: Deutsch / Englisch / Französisch

Dauer: 110 Minuten

Eintritt: 30.-/20.-

Weitere Aufführungen: Samstag, 8. September, Dienstag, 11. September

Montag, 10. September
20:30 Uhr
Film
Nur Abendkasse – Nach Oben
Nachrichten aus der ideologischen Antike
Film
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Nachrichten aus der ideologischen Antike (Foto: zVg)

«Der Entschluss steht fest, Das Kapital nach dem Szenarium von Karl Marx zu verfilmen», notierte Sergej Eisenstein am 12. Oktober 1927. Eisenstein, der mit Panzerkreuzer Potemki (1926) die Filmsprache revolutionierte, wollte Marx’ Schrift «kinofizieren». Die Herausforderung, die von einem solchen Werk ausgeht, so glaubte Eisenstein, würde die Filmkunst von Grund auf verändern. Ihm schwebte die Anwendung völlig neuer, von James Joyces Ulysses abgeleiteter Formen vor.

80 Jahre später kommentiert Alexander Kluge Eisensteins monumentalen Plan. Er sammelt filmische Miniaturen zu Marx’ Theorie, die uns so nah und so fern ist wie die Antike und montiert ganz unterschiedliche Perspektiven auf Das Kapital. Nachrichten aus der ideologischen Antike ist eine fast zehnstündige Komposition aus stehenden Bildern, dokumentarischen und inszenierten Filmsequenzen, Interviews und Schrifttafeln, alles umspült von einem das träumerische Denken fördernden und tragenden Strom von Musik. Zur Vielfalt der Genres kommt die der Tonarten: Die virtuose, ernste Komik Helge Schneiders in der Rolle des Hartz-IV-Anwärters Atze Mückert steht neben der blitzend hellen verspielten Intelligenz Dietmar Daths. Fürs Kino hat Alexander Kluge ein filmisches Kondensat von 84 Minuten realisiert.

Deutschland 2009, DigiBeta, Farbe und Schwarzweiss

Regie und Drehbuch: Alexander Kluge

Mit: Oksana Bulgakowa, Durs Grünbein, Oskar Negt, Peter Sloterdijk, Boris Groys, Helge Schneider

Veranstaltet durch: Kino Kunstmuseum

Sprache: Deutsch / Französisch

Dauer: 84 Minuten

Eintritt: 16.-/14.-

Weitere Aufführungen: Sonntag, 9. September, Mittwoch, 12. September

Montag, 10. September
22:00 Uhr
Discours
Nur Abendkasse – Nach Oben
Festivalzentrum: Bar Geld
Discours mit Pedro Lenz und Heliane Canepa

Die Bar Geld ist – wie Bargeld – mobil: Am ersten Abend findet sie in der Dampfzentrale statt, später dann im Foyer des Stadttheater Bern. Das Festivalzentrum der Biennale Bern 2012 wird einerseits Bar und Verpflegungsort sein, wo Besucher und Künstlerinnen ihr Kapital gegen Ess- und Trink-Waren tauschen können, und anderseits ein Ort des Feilschens über wahre Werte und des Diskurses.

An neun Abenden werden Finanzspezialistinnen, Geldhaie und Wirtschaftsdetektive im Gespräch dem Kapital nachjagen: Was ist das für ein Gespenst, das in Europa umgeht? Gibt es zu viele Milliardäre, zu wenig Kapital ‒ oder beides? Wie kann man einem Künstler den Finanzplatz erklären? Oder wie spekuliert ein Spekulant über die Kunst? Ist Popmusik nur Pop, wenn sie Geld macht, oder auch, wenn sie nur über das Geldmachen spricht? Journalistinnen, Politiker, Musiker, Marxisten und Soziologinnen werden sich im Bar-Gespräch über das Kapital unterhalten.

10. September

Pedro Lenz und Heliane Canepa

Pedro Lenz redet mit Heliane Canepa, CEO von Noble Biocare und zweimal Unternehmerin des Jahres. Sie studierte unter anderem am West London College und an der Sorbonne in Paris. Am Radio DRS 4 ist sie immer wieder im Montagstalk zu hören und fällt durch ihre direkte, unverstellte Art auf.

 

Türöffnung: 21.30 Uhr

Dauer: ca. 60 Minuten

Eintritt: frei


Montag, 10. September
Ausstellung/Installation
Nur Abendkasse – Nach Oben
53 Fahnen für Bern
Installation
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Silke Wagner, 53 Fahnen für Bern, 2012

Die Biennale Bern lud Silke Wagner (*1968) als artist in residence nach Bern ein. Die in Frankfurt lebende bildende Künstlerin konzipiert für das Festival eine Beflaggung im öffentlichen Raum. In Linien und geometrischen Formen übersetzt sie Zahlen und Statistiken zur Verteilung des Kapitals, zum Welthandel und zu den damit verbundenen Fragen der Migration und Umweltbelastung. Durch die gestalterische Anlehnung an überlieferte Heraldik irritiert die Präsenz dieser Fahnen in der Altstadt von Bern. Sie wirft Fragen nach Sinn und Zweck einer Beflaggung auf, die keiner lokalen Tradition entspricht. Die Motive bleiben auf den ersten Blick rätselhaft, ihre Hintergründe werden jedoch auf Postkarten erläutert.

Konzept / Umsetzung: Silke Wagner

Veranstaltet durch: Biennale Bern

Dauer: 6. bis 16. September, durchgehend

Eintritt: frei